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Der BGH hat entschieden, dass Hooligan-Gruppen als kriminelle Vereinigungen angesehen werden können.

Die Angeklagten waren Rädelsführer bzw. Mitglieder einer in Dresden ansässigen Gruppierung von Hooligans, die im zeitlichen und räumlichen Umfeld von Fußballspielen des Vereins Dynamo Dresden, aber auch unabhängig davon an anderen Orten, Kämpfe gegen andere Hooligans ausfocht, zu denen sich die Gruppierungen zumeist vorher verabredet hatten. Für die Kämpfe existierten ungeschriebene, aber in den einschlägigen Kreisen allgemein anerkannte Regeln. Die Auseinandersetzungen dauerten oft nur einige Sekunden, höchstens Minuten und waren beendet, wenn alle Kämpfer einer Seite am Boden lagen, flohen oder wenn sonst die Niederlage anerkannt wurde. „Kampfrichter“, die bei Regelverstößen oder Verletzungen der Beteiligten unmittelbar eingriffen, gab es nicht. Allenfalls wurden Regelverstöße anschließend diskutiert und konnten dazu führen, dass der Verursacher nicht mehr zu Kämpfen mitgenommen wurde.
In dem über zwei Jahre andauernden Tatzeitraum kam es zu mehreren solcher Auseinandersetzungen, teilweise konnten verabredete Kämpfe wegen der hohen Polizeipräsenz nicht ausgefochten werden.
Das Landgericht hat nur in einem dieser Fälle angenommen, dass sich die Beteiligten wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht hätten; denn nur in diesem Fall sei wegen der Anzahl der Kämpfer auf beiden Seiten die Gefährlichkeit der gegenseitigen Angriffe so groß gewesen, dass die jeweiligen Körperverletzungshandlungen trotz der von den Beteiligten stillschweigend erklärten Einwilligung in ihre Verletzungen sittenwidrig gewesen seien. Die Einwilligungen hätten daher gemäß § 228 StGB keine rechtfertigende Wirkung entfalten können. In den anderen Auseinandersetzungen habe eine derart hohe Gefährlichkeit der gegenseitigen Tätlichkeiten nicht vorgelegen, sodass die erteilten Einwilligungen wirksam und die Körperverletzungen daher gerechtfertigt gewesen seien.
In einem weiteren Fall hat das Landgericht in einem Angriff auf mehrere türkische Gastronomiebetriebe in der Dresdener Neustadt im Sommer 2008 ebenfalls eine Tat der Vereinigung erblickt und die daran beteiligten Angeklagten insoweit auch wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt.

Der BGH hat die Verurteilung der fünf Angeklagten weitgehend bestätigt, gegen die das LG Dresden wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise in Tateinheit mit schwerem Landfriedensbruch und mit gefährlicher Körperverletzung auf Freiheits- bzw. Geldstrafen erkannt hatte.

Nach Auffassung des BGH handelte es sich bei der Gruppierung der Angeklagten um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB. Anders als das angefochtene Urteil sieht er die Tätlichkeiten im Rahmen der verabredeten Prügeleien unabhängig von einer größeren Anzahl von Kämpfern auf beiden Seiten (und der Härte des Untergrunds am „Kampfort“) als strafbare (gefährliche) Körperverletzungen an. Diese Bewertung sei daraus abzuleiten, dass die Beteiligten rechtswidrig und schuldhaft den Straftatbestand der Teilnahme an einer Schlägerei (§ 231 StGB) verwirklichten, wofür die Einwilligung der Kämpfer in die Körperverletzungshandlungen nach der Gesetzesstruktur von vornherein keine rechtfertigende Wirkung entfalten könne. An dieser Beurteilung der Körperverletzungshandlungen ändere sich auch nichts deswegen, weil bei keiner der Prügeleien eine der in § 231 StGB als Bedingung der Strafbarkeit vorausgesetzten schweren Folgen (Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung i.S.d. § 226 StGB) eingetreten ist und daher eine Bestrafung nach dieser Vorschrift nicht in Betracht kam. Weil die Gruppierung der Angeklagten gerade auch auf die Ausübung von Tätlichkeiten im Rahmen von Schlägereien ausgerichtet war, habe ihr Zweck und ihre Tätigkeit daher in der Begehung strafbarer (gefährlicher) Körperverletzungen bestanden. Da sie auch die übrigen von § 129 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Merkmale erfüllte, habe sie das Landgericht im Ergebnis somit rechtsfehlerfrei als kriminelle Vereinigung erachtet.

Der Überfall auf die türkischen Gastronomiebetriebe könne der Vereinigung hingegen nicht zugerechnet werden. Das Verfahren sei deshalb hinsichtlich zweier Angeklagter mangels wirksamer Anklageerhebung einzustellen gewesen; hinsichtlich eines weiteren Angeklagten sei der Schuldspruch auf Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu ändern gewesen. Für diese drei Angeklagten müsse wegen des verbleibenden geringeren Schuldumfangs die Strafe neu zugemessen werden; im Übrigen sei das Urteil des LG Dresden rechtskräftig.

Vorinstanz
LG Dresden, Urt. v. 29.04.2013 – 14 KLs 204 Js 41068/08 (2)

Quelle: juris GmbH

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