Der BGH (1 StR 494/13) hat eine Verurteilung eines Substitutionsarztes wegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln im Rahmen von Substitutionstherapien bestätigt.
Das LG Deggendorf hat den angeklagten Arzt wegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in 125 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt und ein Berufsverbot für die Dauer von fünf Jahren ausgesprochen, als Arzt drogenabhängige Patienten zu substituieren. Für den Tod eines seiner an einer Überdosis Methadon verstorbenen Substitutionspatienten hat das Landgericht den Arzt nicht für verantwortlich gehalten.
Der Angeklagte hatte nach den Feststellungen des Landgerichts als Arzt in den Jahren 2006 bis 2011 u.a. Substitutionspatienten behandelt. Jedenfalls bei vier Patienten verschrieb er die Substitutionsmittel Methadon und Levomethadon im Rahmen von sogenannten „Take-Home-Verordnungen“, die es den Patienten ermöglichen, die für maximal eine Woche benötigten Substitutionsmittel in der Apotheke zu beziehen und eigenständig ohne weitere ärztliche Kontrolle einzunehmen. Der Angeklagte nahm dabei billigend in Kauf, dass die Patienten das ihnen verschriebene Methadon nicht bestimmungsgemäß verwendeten, d.h. nicht ordnungsgemäß in der verordneten Dosis einnahmen bzw. unerlaubte Betäubungsmittel zusätzlich konsumierten, was er im Übrigen auch nicht ausreichend kontrollierte. Schließlich verschrieb er einem Patienten Methadon in fünf Fällen, ohne im fraglichen Zeitraum zu diesem persönlichen Kontakt gehabt zu haben. Der Patient starb später an einer Überdosis Methadon. Das Landgericht hat insoweit angenommen, der Patient habe sich in Kenntnis des Risikos einer Überdosierung eigenverantwortlich selbst gefährdet, so dass der Angeklagte trotz der unerlaubten Verschreibung des Methadons für den Tod nicht strafrechtlich verantwortlich sei.
Gegen dieses Urteil haben sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit ihren Revisionen gewendet. Die Staatsanwaltschaft hat vor allem das Unterbleiben der Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts zum Nachteil des verstorbenen Patienten beanstandet. Seitens des Angeklagten ist geltend gemacht worden, die Verschreibungen im Take-Home-Verfahren seien in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang gewesen.
Der BGH hat beide Rechtsmittel verworfen.
Im Hinblick auf das Rechtsmittel des Angeklagten hat der BGH ausgeführt, dass aus unterschiedlichen Gründen gegen die Vorgaben für das Take-Home-Verfahren – selbst unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungsspielraums eines Arztes über die Gestaltung der Substitutionstherapie – eindeutig verstoßen worden sei. Deshalb handelte es sich jeweils um unerlaubte und damit strafbare Verschreibungen von Betäubungsmitteln. Hinsichtlich des Todes eines der Patienten bestätigt der BGH die Annahme des Landgerichts, es liege eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Patienten vor, die eine Verantwortlichkeit des Arztes für dessen Tod und damit eine Strafbarkeit wegen eines Tötungsdelikts ausschließe.
Vorinstanz
LG Deggendorf, Urt. v. 22.03.2012 – 1 KLs 10 Js 965/09
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