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Freispruch im Heilpraktikerprozess

Das LG Regensburg hat im Heilpraktikerprozess grobe Diagnose- und Behandlungsfehler festgestellt, sieht eine Todesursächlichkeit aber nicht als gesichert an und hat den angeklagten Heilpraktiker daher vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.

Wegen nicht ausgeräumter Zweifel an der Kausalität seiner fachlichen Fehlleistungen für den Tod einer Patientin hat das LG Regensburg einen Heilpraktiker vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen.

Dem Angeklagten war angelastet worden, eine ihm als solche bekannte Krebspatientin aufgrund unzutreffender eigener Diagnose ausschließlich naturheilkundlich behandelt zu haben, ohne sie an geeignete Ärzte zu verweisen. Aufgrund dieses Versäumnisses – so die Anschuldigung – war die Patientin knapp viereinhalb Jahre nach der Erstvorstellung beim Angeklagten an Krebs gestorben.
Das AG Kelheim hatte den Angeklagten daher in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren drei Monaten verurteilt und ihm ein fünfjähriges Berufsverbot auferlegt. Von der Verteidigung war diese Entscheidung vollumfänglich, von der Staatsanwaltschaft nur hinsichtlich des Sanktionsausspruchs angefochten worden.

Das LG Regensburg hatte während der Beweisaufnahme versucht zu klären, ob die Patientin des Angeklagten bei sachgerechter medizinischer Versorgung ihren tatsächlichen Todeszeitpunkt überlebt hätte. Zu diesem Zweck waren ein Sachverständiger für Rechtsmedizin und ein Sachverständiger für Onkologie vernommen worden. Beide Gutachter hatten im Ergebnis die Einschätzung geäußert, dass die Chance der Patientin auf eine Heilung oder Lebensverlängerung zur Zeit der Erstdiagnose bei adäquater Behandlung sehr hoch und das Ignorieren der ärztlichen Expertise durch den Angeklagten aus fachlicher Sicht grob sorgfaltswidrig gewesen sei. Von einem sicheren Ausschluss, dass der tödliche Verlauf der Erkrankung unabhängig vom Verhalten des Angeklagten bereits festgestanden haben könnte, war jedoch keiner der Sachverständigen ausgegangen. Die vom Onkologen geschilderten Erfahrungswerte hatten im Gegenteil eine, wenn auch geringe, Anzahl von Referenzfällen belegt.

Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung bei Diagnose- und/oder Heilbehandlungsfehlern die Gewissheit voraus, dass eine ordnungsgemäße Behandlung das Leben des betroffenen Patienten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet oder verlängert hätte. Das Tatgericht muss, basierend auf den Erkenntnissen aus der Hauptverhandlung, davon überzeugt sein, diese Feststellung treffen zu können. Bei Zweifeln, die nicht rein theoretischer Natur sind, ist der Angeklagte freizusprechen. Das LG Regensburg hat unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe in dubio pro reo entschieden. Es zweifelte nicht daran, dass der Angeklagte als Heilpraktiker eine grobe Pflichtverletzung begangen hat, indem er sich über die Krebsdiagnose seiner Patientin hinwegsetzte. Nach Auffassung des Landgerichts waren allerdings – mehr als theoretische – Zweifel an der Todesursächlichkeit des vom Angeklagten gezeigten Fehlverhaltens veranlasst: Diese Zweifel gründeten sich unter anderem auf Aussagen des rechtsmedizinischen Sachverständigen, wonach Befunden der in Rede stehenden Art ganz grundsätzlich nur eine beschränkte Aussagekraft beizumessen sei. Quasi als Beweis für die Berechtigung dieser Relativierung wertete das Berufungsgericht Angaben des onkologischen Sachverständigen, denen zufolge es zwar selten, aber dennoch in der Realität schon vorgekommen ist, dass Personen mit einem vergleichbaren Ausgangsbefund wie die Patientin des Angeklagten trotz kunstgerechter schulmedizinischer Intervention mindestens ebenso früh an ihrer Krebserkrankung gestorben sind. In Anbetracht dieser Faktenlage sah sich das Landgericht zugleich in seiner Annahme bestätigt, dass ein fehlender Kausalzusammenhang zwischen dem Pflichtverstoß des Angeklagten und dem Tod seiner Patientin nicht allein in der Theorie, sondern gerade auch in der Lebenswirklichkeit denkbar erscheint. Konsequenterweise sprach es den Angeklagten frei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Nebenklage haben die Möglichkeit, innerhalb einer Woche ab Verkündung Revision einzulegen. Zuständiges Revisionsgericht ist das Bayerische Oberste Landesgericht.

Pressemitteilung des LG Regensburg Nr. 14/2019 v. 19.09.2019

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