Der Bundestag diskutiert am 10.09.2020 über einen Gesetzentwurf des Bundesrates, demzufolge die Entschädigung für zu Unrecht Inhaftierte von derzeit 25 Euro auf 75 Euro pro Hafttag angehoben werden soll.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält dies für ein richtiges Signal. Das Ziel sollte aber eine Entschädigung von 100 Euro pro Tag sein.
„Der Rechtsstaat muss sich auch daran messen lassen, wie er mit Fehlern umgeht. Hat er einem Menschen zu Unrecht seine Freiheit entzogen, muss er diesen Verlust zumindest symbolisch aufwiegen“, sagt Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. Der Gesetzentwurf des Bundesrates sei deshalb ein Schritt in die richtige Richtung. „Die Erhöhung auf 75 Euro darf jedoch nur ein Zwischenschritt bleiben“, fügt die DAV-Präsidentin hinzu. Der DAV fordert weiterhin, Opfern von Justizirrtümern mit mindestens 100 Euro pro Hafttag zu entschädigen.
Die Initiative, die Haftentschädigungspauschale von 25 Euro auf 50 Euro zu verdoppeln, ging 2018 von den Ländern Hamburg und Thüringen aus. Der DAV hat sich seit Jahren dafür stark gemacht. Im Diskussionsprozess kristallisierte sich dann eine Erhöhung von 75 Euro heraus – was der DAV ausdrücklich begrüßte.
Die derzeitige Entschädigungshöhe von 25 Euro sei deutlich niedriger als jene in anderen Ländern und bilde im europäischen Vergleich das Schlusslicht. Für Freiheitsverluste, an denen der Staat nicht schuld gewesen sei, hätten Betroffene auch in Deutschland in der Vergangenheit schon deutlich mehr als die im Gesetzentwurf geforderten 75 Euro erhalten. In einem Fall wurde sogar eine zivilrechtliche Entschädigung von 92 Euro pro Tag gezahlt – und das trotz Mitverschuldens des Inhaftierten. Der Staat dürfe in der Entschädigungshöhe nicht hinter dem zurückstehen, was Privatpersonen an Wiedergutmachung zuzumuten ist.
Eine übermäßige fiskalische Belastung des Haushalts bzw. des Steuerzahlers durch eine höhere Haftentschädigung sei nicht zu befürchten. Sie wäre auch bei angemessener Gestaltung des Haftentschädigungsrechts gegenüber anderen sozialen Ausgaben eine vernachlässigbare Größe.
Quelle: Pressemitteilung des DAV Nr. 24/2020
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