Voraussetzung für die Anordnung der Durchsuchung gemäß § 102 StPO ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Straftat bereits begangen und nicht nur straflos vorbereitet worden ist. Hierfür müssen zumindest tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.
Darüber hinaus bedarf es zur Anordnung der Durchsuchung auch der aufgrund kriminalistischer Erfahrung begründeten Aussicht, dass der Zweck der Durchsuchung, das heißt die Auffindung von Beweismitteln, erreichbar ist. Die Durchsuchung muss zudem, unter Berücksichtigung der Schwere der konkreten Straftat, zur Stärke des Tatverdachtes und zur Stärke des Auffindeverdachtes verhältnismäßig sein. Diese Voraussetzungen sind anhand der Aktenlage, die dem entscheidenden Richter zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung vorgelegen haben, zu beurteilen.
Danach war die angeordnete Durchsuchung unter Berücksichtigung der dem Richter vorliegenden Aktenlage jedenfalls nicht verhältnismäßig. Zwar begründeten die mit der Anzeige mitgeteilten Wahrnehmungen hinsichtlich von Schüssen im Landschaftsschutzgebiet einen Anfangsverdacht hinsichtlich einer möglichen Jagdwilderei, jedoch ist aufgrund der Mitteilungen bzw. Strafanzeigen des pp., der jedenfalls nicht selber die Beobachtungen tätigte. sondern die Mitteilungen von Mitarbeitern wiedergab. unklar, inwieweit dem beschriebenen Fahrzeug. dessen Halter der Beschuldigte nach Aktenlage ist. und den beobachteten männlichen Personen in jagdlicher Kleidung überhaupt die Schussabgabe zuzuordnen ist. Es erfolgte keine Vernehmung von unmittelbaren Augen- und Ohrenzeugen. deren Beobachtungen auch im Hinblick auf bewusste oder unbewusste Rückschlüsse hinterfragt worden wären. Insofern wurde weder der Zeugen pp. im Hinblick auf die näheren Umstände seiner Beobachtungen vernommen noch die Schwester des benannten Zeugen pp..
Unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs der angeordneten Durchsuchung und unter Berücksichtigung der sehr vagen Anhaltspunkte dafür, dass der Pkw der beiden beobachteten männlichen Personen überhaupt mit der Schussabgabe im Landschaftsschutzgebiet in Verbindung gebracht werden konnte. da eine Vernehmung mit der Möglichkeit der Hinterfragung der Beobachtungen nicht erfolgt ist. war der Durchsuchungsbeschluss auf dieser Grundlage rechtswidrig. Zumindest hätte es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Tatschwere. den Grad des Tatverdachtes sowie des Auffindeverdachtes erfordert. die unmittelbaren Augenzeugen pp. zu den genauen Umständen ihrer Beobachtung vor Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses zu vernehmen.
LG Magdeburg, Beschl. v. 04.05.2023 – 25 Qs 35/23, Burhoff Newsletter 12/2023
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