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BRAK-Stellungnahme 30/19 zur Modernisierung des Strafverfahrens

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) äußert sich in seiner Stellungnahme sehr kritisch zur geplanten Modernisierung des Strafverfahrens.

Der eine „Modernisierung“ des Strafverfahrens beanspruchende Regierungsentwurf enthalte ein Sammelsurium von Gesetzesänderungen, die einen übergreifenden rechtspolitischen Zweck vermissen lassen. Der Entwurf trage Züge einer Ad-hoc-Gesetzgebung sowohl in inhaltlicher als auch förmlicher Hinsicht. So verwende etwa § 244 StPO-RegE die bislang in keiner Prozessordnung anzutreffenden Begriffe der fehlenden „Ernsthaftigkeit“ (Abs. 3 Satz 1) und „Nutzlosigkeit“ (Abs. 6 Satz 2) eines Beweisantrages, die Anwendungsprobleme geradezu provozieren. Diese Nomenklatur werde nicht näher erläutert. Der Verweis auf „Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs“ (Entwurfsbegründung, S. 38) trage nicht weit. An der in der Entwurfsbegründung angegebene Stelle „BGH, Urt. v. 15.12.2005 – 3 StR 201/05 – NStZ 2006, 585“ werde z.B. der Begriff „ernsthaft“ nicht verwendet oder auch nur der Sache nach erwähnt.

Neben durchaus einsichtigen Regelungen, wie etwa der Einführung eines bundesweit geltenden Gerichtsdolmetschergesetzes zum Zwecke der Vereinheitlichung der Standards für Gerichtsdolmetscher (Art. 5), enthalte das Gesetz problematische und kritikwürdige Änderungen vor allem hinsichtlich

– der Besetzungsrüge (Art. 1 Nr. 11 und 12, Art. 3 Nr. 1 und 2),

– des Beweisantragsrechts (Art. 1 Nr. 10, 14 und 15) und des

– des Befangenheitsrechts (Art. 1 Nr. 2 bis 4).

Die vorgesehenen Änderungen enthalten nach Ansicht der BRAK gravierende Einschnitte in Verfahrensgrundrechte insbesondere des Beschuldigten ohne Mehrwert für eine Beschleunigung von Strafverfahren oder die – in der Tat dringend erforderliche – Entlastung der Strafjustiz. Im Gegenteil drohe dadurch eine unnötige Mehrbelastung der Strafgerichtsbarkeit insgesamt.

Im Einzelnen problematisch sei ferner die vorgesehene

– Erweiterung der Möglichkeiten der Unterbrechung von Hauptverhandlungen durch die Inanspruchnahme von Elternzeit (Art. 1 Nr. 13),

– Bündelung der Nebenklagevertretung durch Bestellung oder Beiordnung eines gemeinschaftlichen Rechtsanwalts (Art. 1 Nr. 17), soweit sie dem Nebenklagevertreter das Risiko einer Vertretung widerstreitender Interessen aufbürde,

– Änderung des § 58a StPO, soweit sie vorsehe, dass der Zeuge einer vernehmungsersetzenden Vorführung der im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten Bild-Ton-Aufzeichnung seiner Vernehmung widersprechen könne (Art. 1 Nr. 16),

– Erweiterung der Telekommunikationsüberwachung zur Verfolgung des Einbruchsdiebstahls (Art. 1 Nr. 9) und

– Erweiterung der DNA-Analysemöglichkeiten auf Feststellungen über das Geschlecht, die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter der Person (Art. 1 N. 7) – DNA-Phenotyping

Das tatsächlich vorhandene Modernisierungspotential bei der gebotenen Videografierung der tatrichterlichen Hauptverhandlung werde demgegenüber nicht aktiviert.

Pressemitteilung der BRAK

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