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„Das eigene Verfahren aktiv generiert”: Weimarer Familienrichter wegen Rechtsbeugung verurteilt

Der Familienrichter, der 2021 die Corona-Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen für unzulässig erklärte, ist zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das LG Erfurt sprach den Juristen am Mittwoch der Rechtsbeugung schuldig: Er habe ein Urteil gefällt, das er per se so beabsichtigt habe.

Es war ein ziemlicher Skandal im Jahr 2021. Doch die Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung stützte die Kammer am Erfurter Landgericht am Mittwoch nicht darauf, dass der Familienrichter sich damals für zuständig befunden hatte, darüber zu entscheiden, ob die Corona-Maßnahmen des Thüringer Bildungsministeriums an Schulen in Weimar rechtmäßig waren. Zwar war seine Entscheidung, mit der der Gegner von Corona-Maßnahmen fast alle Schutzmaßnahmen an zwei Schulen aufgehoben hatte, recht schnell vom Land angefochten und vom OLG dann kassiert worden. Doch immerhin zwei Instanzen mussten darüber urteilen, ob nicht doch auch eine familiengerichtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Corona-Maßnahmen denkbar gewesen wäre.

Doch der Familienrichter habe „ein Urteil gefällt, das er von vorneherein so beabsichtigt habe“, sagte der Vorsitzende Richter am LG in Erfurt bei der Urteilsverkündung. Der 60-Jährige sei der Rechtsbeugung schuldig, weil er versucht habe, zu vertuschen, dass er an der Vorbereitung des entsprechenden Gerichtsverfahrens unmittelbar beteiligt gewesen war. Er habe das Verfahren am Amtsgericht Weimar, in dem er seine Entscheidung fällte, aktiv generiert – er sei befangen gewesen, und zwar auf besonders gravierende Weise. „Man muss lange suchen, wenn man einen vergleichbaren Fall sehen will“, sagte der Vorsitzende Richter.

Aktiv nach Menschen gesucht, die das Verfahren führen

Die Kammer zeigte sich nach tagelanger Beweisaufnahme überzeugt davon, dass der Richter schon Wochen vor seiner Entscheidung daran gearbeitet hatte, eine Familie zu finden, für deren Kinder er ein Kinderschutzverfahren führen konnte. Auch bei der Auswahl der Gutachter sei der Mann befangen gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. „Sie haben sie ausgewählt, um das Ergebnis, das Ihnen von vorneherein vorschwebte, gutachterlich zu begründen.“

Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Freiheitsstrafe gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Doch der Kammer schien eine Strafaussetzung zur Bewährung auszureichen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, eine Revision zum Bundesgerichtshof ist möglich. Sie ist offenbar auch wahrscheinlich, von der Staatsanwaltschaft hieß es, sie prüfe Rechtsmittel. „Ich denke nicht, dass dieses Urteil Bestand haben kann“, sagte der bekannte Hamburger Anwalt Gerhard Strate, einer der Verteidiger des Familienrichters.

Seinen Richterdienst übt dieser derzeit nicht aus, er ist aktuell vorläufig seines Amtes enthoben. Seitens des Thüringer Justizministeriums hieß es, dass die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden müsste. Dann würden gegebenenfalls Konsequenzen im weiteren Umgang mit dem Familienrichter gezogen werden. Bliebe das Urteil der ersten Instanz bestehen, wäre eine Konsequenz jedenfalls unumgänglich: Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 DRiG endet der Richterdienst, wenn ein deutsches Gericht wegen einer Vorsatztat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verhängt, ohne dass es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf.

LG Erfurt, Urteil vom 23.08.2023 – 2 KLs 542 Js 11498/21
Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 23. August 2023

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