Das OLG Dresden hat den Freispruch eines Jugendamtsmitarbeiters vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen bestätigt.
Der Angeklagte, ein früherer Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) beim Jugendamt der Stadt Leipzig, war im August 2015 vom LG Leipzig vom Vorwurf, im Juni 2012 fahrlässig den Tod eines zweijährigen Jungen in Leipzig mitverschuldet zu haben, freigesprochen worden. Der Junge war im Juni 2012 in Leipzig neben seiner unbemerkt an einer Überdosis gestorbenen Mutter verdurstet.
Das OLG Dresden hat nach mündlicher Verhandlung die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts als unbegründet verworfen. Der Freispruch ist damit rechtskräftig.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes ist für den vorliegend erhobenen strafrechtlichen Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen allein maßgeblich, ob bei dem Jungen eine Kindeswohlgefährdung im Sinne der gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Maßstäbe vorgelegen hat, die das Jugendamt zum pflichtgemäßen Einschreiten hätte veranlassen müssen. Bei der Auslegung des Begriffs des Kindeswohls dürfe vor allem der verfassungsrechtliche Vorrang des Erziehungsrechts der Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht unbeachtet bleiben. Das staatliche Wächteramt beschränke sich auf die Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl. Eine Gefährdung des Kindeswohls i.S.d. § 1666 BGB folge nicht bereits daraus, dass die sorgeberechtigte Person drogenabhängig ist. Zwar müsse das Jugendamt grundsätzlich prüfen, ob sich die sorgeberechtigte Person infolge ihrer Abhängigkeit nicht mehr adäquat um das Kind kümmern könne. Das lediglich abstrakte Risikopotential genüge aber für die Annahme einer Gefährdung des Kindeswohls nicht. Diese nähere Prüfung sei hier erfolgt. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen des Landgerichts habe während der Zuständigkeit des Angeklagten eine gegenwärtige oder nahe bevorstehende Gefahr für das Kindeswohl niemals bestanden. Als die Mutter des Kindes sich bei dem letzten persönlichen Kontakt mit dem Angeklagten im April 2012 verabschiedet habe, um mit dem Jungen aus Leipzig wegzuziehen, sei nicht ansatzweise eine konkrete Gefährdungssituation für das Kind gegeben gewesen. Anhaltspunkte für eine zu erwartende Vernachlässigung des Jungen hätten zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen. Der Angeklagte habe daher nicht einschreiten müssen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Dresden Nr. 2/2016 v. 01.04.2016
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