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Freiheitsstrafen im Verfahren um Korruptionsvorwürfe bei Emsland-Group

Das LG Osnabrück hat in dem Verfahren wegen Vorwürfen der Bestechung und Bestechlichkeit bei der Emsland-Stärke (Emsland Group) die Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und vier Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt.

Angeklagt waren zwei heute 63 bzw. 59 Jahre alte ehemalige Führungskräfte der Emsland-Group sowie zwei heute 63 Jahre alte Geschäftsführer eines Bremer Logistikunternehmens.

Zwei der Angeklagten waren nach den Feststellungen des Landgerichts bis zu ihrer Entlassung im Dezember 2014 in führender Position in verschiedenen Gesellschaften der Emsland-Group, einem großen Verarbeiter von pflanzlichen Rohstoffen, v.a. Kartoffeln, tätig. Die beiden anderen Angeklagten waren über viele Jahre mit verschiedenen Gesellschaften im Logistik-Geschäft tätig. Geschäftliche Kontakte zwischen der Emsland-Group und Unternehmen dieser beiden Angeklagten bestanden seit den 1990er Jahren. Anfang der 2000er Jahre intensivierten sich diese. Die beiden Angeklagten aus dem Logistik-Bereich gründeten dazu eine spezielle Gesellschaft, die primär Aufträge der Emsland-Group im Bereich Seefracht erledigte.

Im Jahr 2006 kam es nach den weiteren Feststellungen des LG Osnabrück zwischen den vier Angeklagten zu Verhandlungen über die weitere Zusammenarbeit der Unternehmen. Im Zuge dessen wurde eine Beteiligung der Emsland-Group an dem Logistikunternehmen erwogen. Das aber lehnte der Aufsichtsrat der Emsland-Group 2007 ab. Gleichzeitig verschlechterte sich durch den Weggang wichtiger Mitarbeiter und geänderte Bedingungen der Frachtunternehmen die Lage des Logistikunternehmens bis hin zur Insolvenzgefahr.

In der Situation sah, so das Landgericht weiter, der heute 59 Jahre alte Angeklagte, der bei der Emsland-Group tätig war, die Möglichkeit, als Gegenleistung für den Abschluss eines Exklusivvertrages über Logistikleistungen für die Emsland-Group für sich und seinen heute 63 Jahre alten Mitvorstand eine persönliche Beteiligung an dem Logistikunternehmen zu erlangen. Der Mitvorstand stimmte dem zu, obwohl beiden Angeklagten bewusst war, dass sie damit u.a. gegen Pflichten aus ihren Anstellungsverträgen mit der Emsland-Group verstießen. Die beiden Inhaber des Logistikunternehmens ließen sich auf das Ansinnen im Gegenzug für einen zehnjährigen Exklusivvertrag mit der Emsland-Group ein. Auch ihnen war bewusst, dass ihr Handeln rechtswidrig war.

Im Frühjahr/Sommer 2007 wurde den Absprachen entsprechend mithilfe eines Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers eine mehrstöckige Treuhandkonstruktion errichtet, über die die bei der Emsland-Group tätigen Angeklagten je 25% der Anteile an dem Logistikunternehmen erhielten. Der Aufsichtsrat der Emsland-Group wurde hierüber nicht informiert. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit wurde der besprochene Exklusivvertrag über Leistungen im Seeverkehr und IT-Leistungen im Logistikbereich zwischen dem Logistikunternehmen und der Emsland-Group geschlossen.

Die Beteiligung und der Exklusivvertrag wurden anschließend bis zum Dezember 2014 fortgeführt. Daran änderte auch das Ausscheiden eines der beiden Angeklagten aus der Logistikbranche aus dem Logistikunternehmen im Jahr 2013 nichts. Den bei der Emsland-Group tätigen Angeklagten fielen über die Jahre aus den erheblichen Gewinnen des Logistikunternehmens Gewinnanteile von insgesamt je rund 2,1 Mio. Euro zu. Im Dezember 2014 wurden die Vorgänge schließlich bei der Emsland-Group bekannt und die Verträge der dort tätigen Angeklagten gekündigt.

Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung sah das Landgericht den Tatbestand der Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr in einem besonders schweren Fall als verwirklicht an. Den bei der Emsland-Group tätigen Angeklagten floss durch die Beteiligung an dem Logistikunternehmen ein unrechtmäßiger Vorteil zu. Das war allen Beteiligten bewusst. Durch den im Gegenzug für die Beteiligung abgeschlossen Exklusivvertrag wurde zudem der Wettbewerb behindert, da auch andere Gesellschaften ggf. bereit gewesen wären, vergleichbare Leistungen wie das Logistikunternehmen für die Emsland-Group zu erbringen. Auch das stand allen Beteiligen klar vor Augen.

Hinsichtlich des Strafmaßes hielt das LG Osnabrück allen vier Angeklagten zugute, dass sie im Rahmen der Hauptverhandlung die Vorwürfe jedenfalls in objektiver Hinsicht eingeräumt hätten. Insbesondere der heute 63 Jahre alte ehemalige Vorstand der Emsland-Group hatte sich einsichtig gezeigt und erklärt, dass ihm die Unredlichkeit der Vereinbarung bewusst gewesen sei. Bei allen vier Angeklagten erkannte das Landgericht aber auch eine erhebliche kriminelle Energie. Immerhin sei die Vereinbarung über mehrere Jahre und mit erheblichen persönlichen Vorteilen für alle Beteiligten umgesetzt worden. Die konkreten Unterschiede im Strafmaß begründete das LG Osnabrück u.a. mit den unterschiedlichen Rollen der Angeklagten bei Abschluss und Umsetzung der Vereinbarung.

Das LG Osnabrück hat den heute 63 Jahre alten ehemaligen Vorstand der Emsland-Group zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Seinen ehemaligen Vorstandskollegen hat das Landgericht zu vier Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Er wurde zudem im Gerichtssaal in Untersuchungshaft genommen, weil das LG Osnabrück mit Blick auf das Strafmaß und das Vorhandensein von Vermögen und Kontakten im Ausland bei ihm Fluchtgefahr sah. Die beiden anderen Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen von drei bzw. zwei Jahren Haft. Die letztgenannte Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Als Teil der Bewährungsauflagen sind 100.000 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Bei allen vier Angeklagten gelten nach dem Urteil drei Monate der jeweiligen Haftstrafe als vollstreckt, weil das Landgericht die lange Dauer der Ermittlungen ab dem Dezember 2014 als einen Fall rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung ansah. Ungeachtet der Komplexität der Vorwürfe wäre aus Sicht des LG Osnabrück im Nachhinein eine zügigere Anklageerhebung möglich gewesen.

Mit dem Urteil entsprach das Landgericht weitgehend den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte in ihren Plädoyers für drei der Angeklagten Bewährungsstrafen, ggf. in Verbindung mit einer zusätzlichen Geldstrafe, gefordert. Der Verteidiger des vierten Angeklagten hatte einen Freispruch gefordert, da er die seinem Mandanten vorgeworfene Tat als verjährt ansah.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum BGH angegriffen werden.

Der Termin am 19.03.2020 fand, wie derzeit alle Verhandlungstermine am LG Osnabrück, unter Beachtung erheblicher Vorkehrungen zum Schutz vor Infektionsrisiken statt. Unter anderem ist die Zahl der Zuschauerplätze in allen Sälen des Landgerichts stark reduziert worden, um einen ausreichenden Abstand zwischen den anwesenden Zuschauerinnen und Zuschauern zu gewährleisten.

Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 22/2020 v. 18.03.2020

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