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Gefälschte Examenszeugnisse: Zwei Jahre Bewährungsstrafe für Studienabbrecher

Das AG München hat einen Studienabbrecher, der sich durch gefälschte juristische Staatsexamenszeugnisse die Rechtsanwaltszulassung und mehrere gut dotierte Jobs bei Anwaltskanzleien erschlichen hatte, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und zur Zahlung von 325.642 Euro an Wertersatz verurteilt.

Der Angeklagte, ein 35-jähriger nunmehriger Handwerker-Azubi, fälschte im Münchner Notariat seines früheren Ausbilders ab November 2015 Beglaubigungen juristischer Staatsexamenszeugnisse, in denen er sich für das Erste Examen 12,48 Punkte und für das Zweite Examen 11,64 Punkte bescheinigte. Solche Noten werden in Bayern nur von einem kleinen einstelligen Prozentanteil der Kandidaten erreicht. Tatsächlich hatte er das Jurastudium nach sechs Semestern ohne Abschluss abgebrochen. Die Fälschungen legte der Angeklagte der Rechtsanwaltskammer zur Erlangung der Rechtsanwaltszulassung vor, um dann bis 30.09.2019 als Rechtsanwalt oder Syndikus zu arbeiten. So verschaffte er sich zunächst bei einer angesehenen Großkanzlei eine Erstanstellung im Immobilienwirtschaftsrecht und erzielte in der Zeit vom April 2016 bis März 2018 ein Bruttogehalt von mindestens 193.042 Euro. Nachdem man dort seine Leistung durchaus auch kritisch bewertet hatte, suchte er nach eigener Kündigung eine neue Anstellung. Zwei Angebote mit 75.000 und 100.000 Euro Anfangsgehalt schlug er aus, um sich als Syndikus bei einem großen Versicherungsunternehmen im Bereich Unternehmensrecht zu verdingen, wo er von 01.04.2018 bis 30.09.2019 ein Gehalt von 132.600 Euro brutto erhielt. Dort war man mit seinen Leistungen zufrieden, er aber nicht mit dem ihm angebotenen Entwicklungschancen, so dass er nach Ausschlagung eines anderen Angebotes im November einen Anstellungsvertrag bei einer Kanzlei ab 01.01.2020 bei einem Anfangsgehalt von jährlich 120.000 Euro brutto abschloss. Diesen Vertrag kündigte er noch im November, als man sich wegen des auf den Pfingstmontag 2015 lautenden Ausstellungsdatums beim Justizprüfungsamt nach der Richtigkeit des Zeugnisses erkundigt hatte, die Täuschung erkennen musste und Anzeige erstattete.
Der Angeklagte räumte vor Gericht seine Taten ein: „Das Geld war es nicht, das war es nie. Es war die Unfassbarkeit, dass ich trotz meiner fehlenden juristischen Ausbildung so gut vorankam. (…) Ich würde mich als arroganten hochnäsigen Mitarbeiter beschreiben. Mit Kollegen habe ich mich gut verstanden. Bei Vorgesetzten bin ich immer in eine Abwehrhaltung gegangen, habe immer auf mein Recht bestanden, da ich auch immer so gute Noten gelogen habe.“ Sein letztes Wort endete mit der Aussage: „Ich werde mein Leben lang Buße tun.“

Das AG München hat den Angeklagten wegen zum Teil nur versuchten Betruges in sechs und Urkundenfälschung in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt und die Zahlung von 325.642 Euro an Wertersatz angeordnet.

Nach Auffassung des Amtsgerichts sind die für Beamte entwickelten Grundsätze auch auf die Anstellung von Rechtsanwälten übertragbar. So auch im hiesigen Fall, da dem Angeklagten die erforderliche fachliche Qualifikation fehle. Der Angeklagte konnte somit im vorliegenden Fall zum jeweiligen Zeitpunkt der Gegenzeichnung der Arbeitsverträge unter rechtlichen Gesichtspunkten keine gleichwertige Gegenleistung für die ihm gewährte Vergütung erbringen. Es komme hier somit auch nicht darauf an, ob er zufriedenstellende Leistungen tatsächlich erbracht habe.

Bei der konkreten Strafzumessung war hinsichtlich aller Taten zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser bereits von Beginn an vollumfänglich geständig war. Der Angeklagte unterstützte die Ermittlungen und war kooperativ. Auch während der Hauptverhandlung ließ sich der Angeklagte geständig ein und ersparte somit eine umfangreiche Beweisaufnahme. Der Angeklagte sei bisher nicht vorbestraft. Des Weiteren sei zu seinen Gunsten das Nachtatverhalten zu berücksichtigen. Der Angeklagte bemühte sich eigenständig um eine Aufarbeitung. Auch sei zu seinen Gunsten die psychische Erkrankung, die ihre Basis bereits in den familiären Umständen finde, zu berücksichtigen. Zudem sei zu beachten, dass die Taten teilweise bereits längere Zeit zurücklegen. Zuletzt sei zu berücksichtigen, dass der Angeklagte sich bei den Geschädigten entschuldigte und die Entschuldigung jeweils angenommen wurde. Der Angeklagte zeigte auch Reue.

Zulasten des Angeklagten sei zu berücksichtigen, dass ein hoher Schaden in Höhe von 325.642 Euro eingetreten sei und auch eine weitere hohe Vermögensgefährdung vorlag. Zudem sei der Folgeschaden von mindestens 495.000 Euro zu berücksichtigen. Dieser Betrag wurde von der geschädigten Kanzlei an Mandanten, für die der Angeklagte tätig war, bereits zurückgezahlt. Des Weiteren seien generalspräventive Gründe zulasten des Angeklagten zu beachten. Der Angeklagte spiegelte vor, Rechtsanwalt zu sein. Der Beruf des Rechtsanwalts habe in der Gesellschaft einen besonderen Stellenwert und genieße besonders hohes Vertrauen, welches durch die Tat erschüttert wurde. Daher sei auch die Verteidigung der Rechtsordnung zu beachten.

Das Urteil ist aufgrund beidseitiger Berufung nicht rechtskräftig

Pressemitteilung des AG München Nr. 54/2020

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