Der EGMR hat entschieden, dass die Abwesenheit eines Rechtsanwalts beim Polizeiverhör nicht das Recht auf ein faires Strafverfahren verletzt.
Allerdings müsse die Fairness des Verfahrens in einer Gesamtbetrachtung erhalten bleiben, so der EGMR.
In dem Fall ging es um einen irischen Staatsbürger, der im Jahre 2012 zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt worden war. Während des Geständnisses und in weiteren Polizeiverhören war sein Anwalt nicht anwesend, dies war damals gängige Praxis in Polizeiverhören. Der Beschwerdeführer sah sich darin in seinem Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, sowie in seinem Recht auf einen Anwalt aus Art. 6 Abs. 1 und 3 Buchstabe c EMRK verletzt. Der EGMR prüfte die Verletzung von Art. 6 Abs. 1 und 3 Buchstabe c EMRK in zwei Stufen, zuerst wurden Rechtfertigungsgründe für die Verweigerung der Anwaltskonsultation geprüft, dann wurde die Fairness des Verfahrens insgesamt untersucht.
Der EGMR hat hier zwar einen Eingriff gesehen, der auch nicht gerechtfertigt war, eine Verletzung lag demnach aber trotzdem nicht vor.
Nach Auffassung des EGMR hat sich der Eingriff nicht auf die allgemeine Fairness ausgewirkt. Der Beschwerdeführer habe vor und nach den Verhören Zugang zu einem Verteidiger gehabt, ein Verhör sei auf seine Anfrage hin unterbrochen worden, um ihm die Konsultation mit dem Verteidiger zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer sei als erwachsener Muttersprachler nicht besonders schutzbedürftig gewesen und nicht zu seinem Geständnis genötigt worden. Zudem seien die Verhöre auf Video aufgezeichnet und der Jury und den Richtern zugänglich gemacht worden.
BRAK, Nachrichten aus Brüssel Nr. 11/2019 v. 31.05.2019
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