Aktuelles

Allgemein

Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt: Ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker kommt frei

Das OLG Stuttgart hat die Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe von Verena Becker, frühere Terroristin bei der linksextremistischen RAF, zur Bewährung ausgesetzt.

Die frühere Terroristin war im Sommer 2012 wegen Beihilfe zum Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Davon sind noch rund ein Jahr und zwei Monate offen.

Frau Becker wurde am 03.02.2014 mündlich angehört, sowohl der Vertreter des Generalbundesanwalts als auch die Verteidiger haben eine Strafaussetzung beantragt. Da die notwendige Einwilligung vorliegt und mehr als zwei Drittel der verhängten Strafe verbüßt sind, kommt es für die Aussetzung des Strafrestes nur darauf an, ob diese unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 57 Abs. 1 Satz 1 StGB). Bei der zu treffenden Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der Verurteilten, ihr Vorleben, die Umstände der Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten im Vollzug, die Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind (§ 57 Abs. 1 Satz 2 StGB). Welches Maß der Wahrscheinlichkeit künftiger Straffreiheit erforderlich ist, hängt von den Eigenheiten der Persönlichkeit und dem Gewicht der bedrohten Rechtsgüter ab. Eine Gewissheit künftiger Straffreiheit wird nicht vorausgesetzt. Die Prognoseanforderungen sind bei schwerwiegenden Delikten wie der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung hoch. Allein der Wille, sich künftig straffrei zu führen oder ein beanstandungsfreies Vollzugsverhalten genügen nicht. Es müssen Tatsachen feststehen, diese dürfen nicht lediglich unterstellt werden.

Gesichtspunkte der Generalprävention oder der Sühnegedanke sind bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen; diese Umstände waren Teil der Strafzumessung der festgesetzten Freiheitsstrafe.

Das OLG Stuttgart hat eine günstige Sozialprognose bejaht und eine Gefahr erneuter Straftaten verneint. Das kriminelle Handeln und die darin zutage getretene Gefährlichkeit liege mehr als 36 Jahre zurück und sei eng mit der Geschichte der „Bewegung 2. Juni“ und der „RAF“ verbunden. Angesichts der nach einem mehrjährigen Diskussionsprozess erklärten Auflösung der „RAF“ im April 1998, des mit Ausnahme zweier Ladendiebstählen seit 25 Jahren straffreien Verhaltens der Verurteilten seit der Entlassung aus der Strafhaft am 30.11.1989, ihrer persönlichen Situation, der seit Ende 1984 erfolgten Verhaltensänderungen im Vollzug (Verlegung in eine Anstalt ohne „RAF“-Mitglieder, Teilnahme am Hofgang und Umschluss, Verlegung in eine „Normalzelle“) und der im Gnadengesuch vom 10.01.1989 geäußerten Lösung von bisherigen Überzeugungen bestehe keine Gefahr erneuter Straftaten oder eines Anschlusses an gewaltbereite politische Gruppen.

Dass Frau Becker nach dem rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens keine weiteren Angaben zu den Geschehnissen vom 07.04.1977 gemacht habe, zumindest sie selbst betreffende Gegebenheiten in diesem Zusammenhang – und damit ein Signal für die Opfer und die Gesellschaft gäbe – sowie, dass sie zurückliegend immer wieder den Kontakt zu einigen der früheren RAF-Mitglieder aufnahm, sei im Rahmen der zu treffenden Entscheidung wegen der rechtlichen Vorgaben des § 57 Abs.1 StGB ohne Relevanz.

Eine Antwort hinterlassen

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

captcha Bitte Code eintragen

* Die bezeichneten Felder sind Pflichtfelder.