Die Bundesregierung hat am 28.01.2015 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels beschlossen.
Der von dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Entwurf setzt die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer um. Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich:
Erstreckung der §§ 232, 233 StGB auf den Menschenhandels zum Zwecke der Ausnutzung von Betteltätigkeiten und strafbaren Handlungen (Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie)
Erweiterung des Qualifikationstatbestandes des § 233a Abs. 2 Nr. 1 StGB (Förderung des Menschenhandels) auf den Fall, dass das Opfer unter 18 Jahre alt ist (Art. 4 Abs. 2 a) der Richtlinie)
Erweiterung des Qualifikationstatbestandes des § 233a Abs. 2 Nr. 2 StGB auf den Fall der grob fahrlässigen Gefährdung des Lebens des Opfers (Art. 4 Abs. 2 c) der Richtlinie)
Nicht zwingend erforderlich, aber zur Klarstellung sinnvoll ist die Erstreckung der §§ 232, 233 StGB auf den Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme (Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie), der nach geltendem Recht weitgehend als Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz strafbar ist, einige praktisch relativ wenig relevante Fallgestaltungen (z.B. Haupttat gelangt noch nicht einmal in das Stadium des Versuchs) allerdings nicht umfasst. Zur Umsetzung der Richtlinie nicht erforderlich, aber aus systematischen Gründen sollen die Qualifikationstatbestände der §§ 232, 233 StGB um die oben aufgeführten Fallgestaltungen (Opfer ist unter 18 Jahre alt, grob fahrlässige Gefährdung des Lebens des Opfers) erweitert werden.
Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass in § 233 Abs. 1 Satz 2 StGB eine Ergänzung um die Wörter “zum Zweck der Ausbeutung“ aufgenommen wird. Damit soll klargestellt werden, dass auch das Bringen einer Person unter einundzwanzig Jahren zur Aufnahme oder Fortsetzung von Betteltätigkeiten, zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen, nur dann unter den Tatbestand des § 233 StGB fällt, wenn es zum Zweck der Ausbeutung geschieht. Im Gegensatz zu § 233 Abs. 1 StGB enthält § 232 Abs. 1 StGB bereits im Hinblick auf die dort genannten sexuellen Handlungen eine vergleichbare Regelung. Den gegenwärtig in § 233 Abs. 1 StGB genannten Verhältnissen – Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder Beschäftigung zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mit gleicher bzw. vergleichbarer Tätigkeit stehen – ist das Ausbeutungsmoment bereits immanent.
Art. 2 des Gesetzentwurfs sieht als Folgeänderung die Anpassung der Formulierung des Straftatenkatalogs in § 100c Abs. 2 Nr. 1g) StPO (akustische Wohnraumüberwachung) an die zu erweiternden §§ 232, 233 StGB-E vor, soweit in § 100c StPO – wie schon bisher – besonders schwere Tatbegehungsformen (§ 232 Abs. 2 bis 4, § 233 Abs. 3 StGB) erfasst sind. Der vorliegende Entwurf ist ein erster Schritt zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelungen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Lösungen weiterer Problemstellungen, die im politischen, fachlichen und gesellschaftlichen Raum erörtert werden, sollen im weiteren Verfahren zusammen mit den vorliegenden Regelungen umgesetzt und verabschiedet werden. Dazu werden u.a. eine Neukonzeption der §§ 232 ff. StGB und eine Überprüfung des Tatbestandes des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft sowie der Prostitution gehören. Dabei soll insbesondere das Ausnutzen von Opfern von Menschenhandel und von weiteren Personen in Zwangslagen zu sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt werden.
Quelle: juris GmbH
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