Das OLG Hamm hat entschieden, dass auch ein Whatsapp-Chat den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern erfüllen kann, wenn ein Erwachsener mit einer Neunjährigen in der Weise chattet, dass er ihr ein sexuelles Erlebnis mit mehreren Beteiligten vorschlägt.
Ende des Jahres 2014 chattete der seinerzeit 55 Jahre alte Angeklagte über den Kurznachrichtendienst Whatsapp mit der seinerzeit neun Jahre alten Geschädigten, die er, ebenso wie ihre Mutter, bereits einige Zeit kannte. Im Rahmen des Chats fragte der Angeklagte die Geschädigte zunächst nach ihrem Freund und ob sie glücklich mit ihm sei. In den nächsten Tagen erkundigte er sich, ob die Nacht mit ihrem Freund „schön“ gewesen sei, ob sie für ihn, den Angeklagten, „eine Freundin“ habe, „die nicht erwachsen“ sein müsse, sowie sodann, ob sie – gemeint waren das Mädchen, ihr Freund, eine an den Angeklagten „vermittelte“ Freundin und der Angeklagte – „zu 4 was machen“ können „du und dein Freund und ich mit ihr“. Die weiteren Nachrichten, die der Angeklagte über Whatsapp an die Geschädigte versandte, erhielt ihre Mutter, die zwischenzeitlich das Telefon ihrer Tochter an sich genommen hatte.
Aufgrund des Chats verurteilte das Amtsgericht den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern einer in ihrer Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten.
Die gegen die Verurteilung vom Angeklagten eingelegte Sprungrevision hatte vor dem OLG Hamm keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat das erstinstanzliche Urteil des AG Beckum bestätigt.
Nach Auffassung des OLG Hamm hat sich der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB strafbar gemacht. Der genannte Straftatbestand sei erfüllt, wenn ein Täter auf ein Kind mittels Schriften oder mittels Informations- oder Kommunikationstechnologie einwirkt, um das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen. Das könnten sexuelle Handlungen sein, die das Kind an oder vor dem Täter oder einem Dritten vornehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen lassen soll.
Die vom Angeklagten auf das Mobiltelefon der Geschädigten gesandten Nachricht mit dem Vorschlag, „zu 4 was machen“ sei eine Schrift im Sinne des Straftatbestandes. Mit dieser Kurznachricht habe der Angeklagte auf die Geschädigte eingewirkt. Ein solches Einwirken könne auf verschiedene Weise erfolgen, z.B. wiederholtes Drängen, Überreden, Versprechungen oder das Erwecken von Neugier. Im vorliegenden Fall sei es zwar noch nicht zu einem wiederholten Drängen oder zu einem Überreden gekommen, da die zuvor übersandten Nachrichten noch keinen hinreichenden sexuellen Hintergrund gehabt hätten. Die infrage stehende Nachricht diene aber – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der vorangegangenen Nachrichten, in denen unter anderem „die Nacht“ mit dem Freund der Geschädigten thematisiert worden sei – ersichtlich dem Wecken von Neugier. Dabei habe der Angeklagte ein sexuelles Erlebnis mit mehreren Beteiligten vorgeschlagen, welches die Geschädigte zuvor – einem Freund zugewandt – noch nicht gehabt habe. Das habe das Amtsgericht zutreffend als strafbar bewertet. Der Umstand, dass der Angeklagte die Geschädigte im Zeitpunkt des Chats bereits gekannt habe, sei – anders als die Revision gemeint hatte – unerheblich, weil der Straftatbestand keine Anonymität voraussetze.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 19.02.2016
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