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Verfahren gegen Tatjana Gsell wird teilweise wieder aufgenommen

Das LG Nürnberg-Fürth hat die Wiederaufnahme des bereits abgeschlossenen Verfahrens gegen Tatjana Gsell hinsichtlich der Verurteilung wegen versuchten Versicherungsmissbrauchs und Vortäuschens einer Straftat angeordnet.

Am 05.01.2003 meldete der verstorbene Schönheitschirurg Dr. Gsell über den Polizeinotruf, dass er soeben in seiner Wohnung überfallen worden sei. Die Ermittlungsbehörden gingen in der Folgezeit jedoch davon aus, dass der Überfall lediglich vorgetäuscht wurde. Sie hegten vielmehr den Verdacht, dass beabsichtigt gewesen war, am 05.01.2003 den 100.000 Euro teuren Mercedes Typ SL 500, welcher Tatjana Gsell gehörte, an Autoschieber zu veräußern, um diesen anschließend als gestohlen zu melden und die Versicherungssumme zu vereinnahmen. Hintergrund sollen massive Geldprobleme von Tatjana Gsell gewesen sein, welche sich zu diesem Zeitpunkt in Marbella aufhielt. Die Ermittlungsbehörden nahmen ferner an, dass verschiedene Gegenstände, unter anderem eine Bulgari-Uhr im Wert von 16.000 Euro, bei der Hausratsversicherung als gestohlen gemeldet wurden, obwohl diese tatsächlich gar nicht gestohlen worden waren.

Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse kam es zu Prozessen gegen Tatjana Gsell und Stefan M.. Tatjana Gsell wurde mit Urteil des AG Nürnberg vom 30.07.2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Sie legte kein Rechtsmittel gegen das Urteil ein, so dass dieses rechtskräftig wurde. Stefan M. legte gegen seine Verurteilung Berufung ein und wurde vom LG Nürnberg-Fürth am 11.05.2005 wegen versuchten Versicherungsmissbrauchs zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Bezüglich des Vorwurfs des Vortäuschens einer Straftat wurde er in der Berufungsinstanz freigesprochen. Aufgrund neuer Erkenntnisse wurden im Jahr 2010 zwei Personen ermittelt, welche am frühen Abend des 05.01.2003 tatsächlich einen Überfall auf Dr. Gsell verübt hatten. Diese wurden deshalb am 10.12.2014 wegen besonders schweren Raubs mit Todesfolge zu Freiheitsstrafen von jeweils elf Jahren verurteilt.

Am 19.11.2015 hat der verurteilte Stefan M., nachdem bereits im Jahr 2013 ein Wiederaufnahmeantrag bestandskräftig abgelehnt worden war, erneut die Wiederaufnahme des gegen ihn geführten Verfahrens beantragt; dies tat in der Folgezeit auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Das zuständige LG Regensburg hat mit Beschluss vom 22.12.2016 die Wiederaufnahme abgelehnt. Das OLG Nürnberg hat mit Beschluss vom 31.08.2017 (2 Ws 15/17 WA) die sofortige Beschwerde von Stefan M. gegen den Beschluss des LG Regensburg verworfen.
Tatjana Gsell hat am 08.12.2015 beantragt, das Verfahren gegen sie wieder aufzunehmen; dies tat in der Folgezeit auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Das AG Fürth hat mit Beschluss vom 22.11.2017 den Wiederaufnahmeantrag von Frau Gsell als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss des AG Fürth hat Tatjana Gsell sofortige Beschwerde eingelegt.

Diese hatte nunmehr vor dem LG Nürnberg-Fürth teilweise Erfolg.

Das Landgericht hat das Verfahren im Hinblick auf die Verurteilung wegen Vortäuschens einer Straftat wiederaufgenommen, weil aufgrund des Urteils des LG Nürnberg-Fürth vom 10.12.2014 ausreichend wahrscheinlich sei, dass am frühen Abend des 05.01.2003 tatsächlich ein Überfall auf Dr. Gsell stattgefunden hat, dieser mithin nicht vorgetäuscht war. Darüber hinaus hat das Landgericht auch das Verfahren wegen des Vorwurfs des versuchten Versicherungsmissbrauchs wiederaufgenommen. Dabei führt das Landgericht zunächst aus, dass die Gründe, die bei der Verwerfung des Wiederaufnahmeantrags von Stefan M. durch das OLG Nürnberg angeführt wurden, nicht von der Hand zu weisen seien.

Allerdings war die Ausgangslage hier eine andere: Das Landgericht hatte sich mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des AG Nürnberg gegen Tatjana Gsell wegen des Vorwurfs des Vortäuschens einer Straftat und des versuchten Versicherungsmissbrauchs auseinanderzusetzen. Nach Ansicht des Landgerichts besteht zwischen den beiden Tatkomplexen ein derart enger inhaltlicher sowie räumlicher und zeitlicher Zusammenhang, dass diese bei der Beurteilung der Frage, ob die vorliegenden Tatsachenbeweise einen Freispruch möglich erscheinen lassen, nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Dies hatte zur Folge, dass bei der Wiederaufnahme hinsichtlich des Vortäuschens einer Straftat auch der Vorwurf des versuchten Versicherungsmissbrauchs wieder aufgenommen werden musste.

Als unzulässig hat das Landgericht hingegen den Wiederaufnahmeantrag im Hinblick auf die Verurteilung wegen versuchten Betruges gegenüber der Hausratsversicherung angesehen. Hier fehlte es nach Ansicht des Landgericht an einem Vorbringen, das einen Freispruch erwarten ließe. Wegen des Vorwurfs des Vortäuschens einer Straftat und des versuchten Versicherungsmissbrauchs werden die Akten an das AG Fürth zurückgesandt. Im Hinblick auf die Verurteilung wegen versuchten Betrugs bleibt die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr hingegen bestehen.

Pressemitteilung des OLG Nürnberg Nr. 24/2019 v. 02.07.2019

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