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Verurteilung zur Falschbeurkundung im Amt bei Geschwindigkeitsmessungen bestätigt

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Falschbeurkundung im Amt vorliegt, wenn ein Hoheitsträger einem zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzten privaten Dienstleister ein blanko unterzeichnetes Messprotokoll überlässt, welches vervielfältigt und mit konkreten Datensätzen versehen zur Grundlage von Verwarngeldern wird.

Die im Rahmen von Geschwindigkeitskontrollen zu stellenden Messprotokolle erfüllten die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunden i.S.v. § 348 StGB, so das Oberlandesgericht.

Der Angeklagte S. war bei der Stadt K. der für die Verkehrsüberwachung zuständige Sachgebietsleiter des Ordnungsamtes. Der Angeklagte K. ist mit seiner Firma selbstständiger privater Dienstleister im Bereich der Geschwindigkeitsmessungen. Bis zur ersten Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Unzulässigkeit des Einsatzes privater Dienstleister im Bereich der Verkehrsüberwachung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.04.2017 – 2 Ss-OWi 295/17, 2 Ss OWi 295/17 „Lauterbach-Entscheidung“) hatte die Stadt K. durch den Angeklagten K. Messgeräte aufstellen und die Messung durchführen und (vor)auswerten lassen (weitere Entscheidungen OLG Frankfurt, Beschl. v. 06.11.2019 – 2 Ss-OWi 942/19; OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.11.2019 – 2 Ss-OWi 1092/19; OLG Frankfurt, Beschl. v. 03.01.2020 – 2 Ss-OWi 963/18 zur Unzulässigkeit bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs). Dafür erhielt er eine Zahlung „pro verwertbare(m) Fall“. Auch nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts wollten die Angeklagten an dieser Zusammenarbeit festhalten. Der Angeklagte S. versprach sich aufgrund der Vielzahl der Bußgeldverfahren eine Höhergruppierung; der Angeklagte K. wollte die lukrative Geschäftsbeziehung fortsetzen. Zu diesem Zweck vereinbarten die Angeklagten die Fortsetzung des Vorgehens mit der Abweichung, dass der Angeklagte S. dem Angeklagten K. ein von ihm blanko unterschriebenes Messprotokoll übergab, welches der Angeklagte K. kopierte und bei Einrichtung der jeweiligen Messstellen ausfüllte. Damit wurde dem betroffenen Bürger, der eigenen Behörde und den Gerichten gegenüber der unzutreffende Eindruck erweckt, dass der Angeklagte S. als Ortspolizei die Messung durchgeführt hatte. Im Weiteren wurden die Messungen, was die Angeklagten wussten, digitalisiert und in ausschließlich elektronischer Form weiterverarbeitet. Auf dieser Grundlage erging eine Vielzahl von Buß- und Verwarngeldern.
Der Angeklagte S. wurde durch Urteil des AG Kassel vom 07.06.2016 wegen Falschbeurkundung im Amt in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat auf Bewährung verurteilt, der Angeklagte K. wegen Beihilfe dazu zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 40 Euro. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hin hatte das LG Kassel mit Urteil vom 02.11.2018 (9 Ns – 5633 Js 16099/13) die Freiheitsstrafe des Angeklagten S. auf ein Jahr und drei Monate auf Bewährung und die Gesamtgeldstrafe des Angeklagten K. auf 200 Tagessätze zu je 65 Euro angehoben. Gegen die Entscheidung legten die Angeklagten Revisionen ein.

Das OLG Frankfurt hat die Revisionen als unbegründet verworfen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellen die im Rahmen von Geschwindigkeitskontrollen zu stellenden Messprotokolle öffentliche Urkunden i.S.d. § 348 StGB dar. Sie dienten dazu, Beweiskraft für und gegen jedermann zu erbringen. Die Verkehrsüberwachung und Sanktionierung bei Verstößen sei hoheitliche Kernaufgabe. Die Messung sei systematisch nur bedingt rekonstruierbar. Um den Nachweis führen zu können, sei daher ein ordnungsgemäß von einem Hoheitsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit errichtetes, inhaltlich zutreffendes Messprotokoll eine maßgebliche Voraussetzung, gerade bei Massenverfahren. Dem Messprotokoll komme damit besondere Beweiskraft im Sinne eines öffentlichen Glaubens zu.

Der Angeklagte K. habe in einer Vielzahl von Fällen als privater Dienstleister gesetzwidrig Verkehrsmessungen vorgenommen, (vor)ausgewertet und Messprotokolle erstellt, die in einer Vielzahl von Bußgeld- und Verwarngeldverfahren als Beweismittel Verwendung gefunden hätten. Dies sei im bewussten, kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten S. als zuständigem Ordnungspolizisten erfolgt. Der Angeklagte S. habe zur Verschleierung dem Angeklagten K. eine von ihm unterzeichnete Kopie eines Blankomessprotokolls zur Verfügung gestellt. Da in diesen Messprotokollen der Angeklagte S. als Messbeamter aufgeführt war, sollte auf diese Weise suggeriert werden, dass die Messungen vom Hoheitsträger durchgeführt wurden.

Der Angeklagte S. müsse sich die Angaben des Angeklagten K., die dieser im Namen des S. abgegeben habe, auch zurechnen lassen. Der Sinn der Absprache habe gerade daran gelegen, dass K. die Arbeit des S. durchführt und beide gewollt darüber täuschen, dass S. die Messung durchgeführt habe.

Die darin zum Ausdruck kommende hohe kriminelle Energie hätte bei einem „normalen“ Urkundsdelikt zur Straflosigkeit geführt. Eine Urkundenfälschung liege vor, wenn über den Ersteller getäuscht werde. Hier aber habe der Angeklagte S. gerade als Aussteller fungieren wollen. Unzutreffend sei der Inhalt der Urkunde. Die Richtigkeit des Inhalts einer Urkunde sei jedoch nur bei einer öffentlichen Urkunde geschützt, da nur dort der Inhalt für und gegen jedermann wirke.

Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 7/2020

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